Zwischenbilanz, Erfahrungen und Fehler bei unserer Stromversorgung
Für alle die auf Langfahrt sind / gehen wollen, möchten wir gerne unsere Erfahrungen mit der Umrüstung unseres kleinen Serienschiffes für die Zeit auf dem Boot teilen. Was hat sich bis jetzt bewährt, was ist bis heute noch verbesserungswürdig und auf was hätten wir vielleicht auch verzichten können.
Dabei spielt die Stromversorgung eine zentrale Rolle. Für uns war es im Vorfeld wichtig, weder auf die elektronische Navigation, noch auf die Wohltat eines Kühlschrankes, noch auf eine leistungsfähige Ankerwinsch zu verzichten, ohne dauernd Strom sparen zu müssen. Auch die Selbststeuerung spielt eine Rolle, wenn auch nur untergeordnet, da wir eine ARIES Windsteueranlage besitzen. Um dies also zu ermöglichen muss unsere Batteriekapazität erhöht und die Lademöglichkeiten müssen verfielfältigt werden.
Was hatten wir im Bestand : Zwei geschlossene Nass Batterien a 100A für die Verbraucher und eine 64A Nassbatterie für den Motor. Das ist für ein Boot aus Anfang der 90ger gar nicht übel. Lademöglichkeiten waren über die normale 50A Lichtmaschiene, als auch über ein modernes, automatisches 15A Landanschlussladegerät mit Ladekennlinie gegeben. Die Trennung der Batterien erfolgte über einen Drehschalter an der Schalttafel. Heisst, beim starten des Motors auf Start stellen, nach dem Starten auf Verbraucher umstellen und wenn alle Stricke reissen, auf beide Batterien zugreifen. Ansich nicht schlecht, aber wie wir feststellen mussten, haben wir dies ziemlich oft vernachlässigt. Zur Batteriekontrolle war für beide Batterien ein analoges Voltmeter vorhanden. Einen Inverter ( Stromwandler von 12V auf 220V) ist mit 300W auch vorhanden und reicht uns, damit wir unsere Laptops laden können, wenn kein Landstrom verfügbar ist.
Was haben wir geändert : statt 2x100A Nass haben wir auf 4x100A Gelbatterien erhöht, als Starterbatterie und für die Ankerwinsch dient eine 100A AGM Batterie. Beide Stromkreise Starter/ Verbraucher strikt getrennt und zusätzlich zu dem Landladegerät ein Lichtmaschienen/Batterie Lader, Solarpaneele und einen Windgenerator angeschafft. Zur Ladekontrolle musste ein Batteriemonitor her.
Das hört sich in der Theorie enfach an, aber bei der Umsetzung an Bord haben wir die Arbeit gründlich unterschätzt und meine Kenntnisse in Fahrzeugelektrik überschätzt bzw. an die Grenzen gebracht.
– Ankerwinsch : Bei dem vorhandenen Ankerkasten kam nur eine Maxwell HRC10 platzmässig in Frage. Dazu kamen ca. 25 Meter 50qm Kabel die zweimal im Schiff von vorne nach hinten gezogen werden mussten, dazu Steuerkabel zu den Schaltern am Steuerstand und vorne am Ankerkasten und einen Schalter/Sicherung in unmittlelbarer Nähe zur Batterie. Bei der Arbeit haben wir im Frühjahr 2017 Karls Innenleben gründlich kennengelernt. Neue Ankerkette 50 m und ein neuer 20kg Rocna Anker kamen hinzu. Bis jetzt hat sich das ganze System bewährt, ausser das der Anker beim hochholen den Bug ordentlich vemackt hat, so dass wir in Porto ein Schutzblech haben anfertigen lassen.
– Lichtmaschienen Batterie Ladegerät Sterling ProAltCAB : trennt beide Batteriekreise und sorgt durch elektronische Ladereglung dafür, das die Verbraucherbatterien optimal von der Lichtmaschine geladen werden. Die Starterbatterie wird beim Ladevorgang kontrolliert und gegebenenfalls bevorzugt, konventionell geladen. Bei der Installation kam es meinerseits zu einem verhängnisvollen Fehler.Ich hatte die Stromkreise tatsächlich komplett getrennt, das heisst auch die Masse voneinander getrennt. So konnte der gute Sterling auch nur die Starterbatterie laden, nicht aber die Verbraucherbatterie (das Gerät hat nur einen Masseanschluss).Das wurde uns aber erst bewusst, als bei der Überfahrt von Lissabon nach Porto Santo der Solar Wind Regler ausfiel und unter Maschine die Verbraucherbatterien nicht geladen wurden.
– Solar und Wind : Wir haben 4×50 Watt feste Solarpaneele auf dem Geräteträger und eine Windanlage 400W von Silentwind. Warum Silentwind? Diese war incl. Regler fast 700 € preisgünstiger als die Konkurrenz. Bis zur Überfahrt Lissabon-Porto Santo war auch alles in Ordnung, als in der zweiten Nacht die Rotorblätter den Betrieb einstellten. Das Reglerdisplay war dunkel und auch am nächsten Morgen, als die Solaranlage eigentlich hätte Strom produzieren sollen, tat sich nichts mehr. Der Hybridregler hatte seinen Geist aufgegeben und die beginnende -never ending Story- habt Ihr ja in unserm Blog gelesen. Mit dem dritten Regler funktioniert mittlerweile das System wieder. Aus dieser Erfahrung heraus, haben wir jetzt einen zusätzlichen, getrennten Solarregler von Votronic eingebaut (der auch die Starterbatterie überwacht), so dass beim Ausfall eines Systems zumindest das zweite in Takt bleibt. Die Erfahrung zeigt, dass die 200W Solarpanelle bei einem normalen Stromverbrauch, selbst bei einem nicht ganz sonnigen Tag, ohne Windunterstüzung, die Energieverluste der Nacht wieder ausgleichen werden. Dies bedeutet, dass wir den Windgenerator zwingend gar nicht bräuchten. Es stellt sich die Frage ob wir auf diese Anschaffung für ein Jahr Atlantik nicht hätten verzichten können und statt dessen vielleicht flexible Sonnenpaneele in Verbindung mit dem Bimini sinnvoller und günstiger gewesen wären.
– Batteriemonitor : hier schliesst sich der Kreis der von mir gemachten Fehler (aus denen man ja bekannterweise lernt). Auf der Messe in Düsseldorf haben wir uns für den PICO Monitor von Simarine entschieden und mit Messepreis und dem integrierten Barographen war dieser auch nicht teurer als die Konkurrenz, aber wesentlich schicker. Kurz vor der Abfahrt noch eingebaut, mit der Erkenntnis das es wohl nicht so ganz einfach ist, wie beschrieben, das gute Ding zu installieren. Englische Beschreibung, die manches für den Laien im Unklaren lässt, hatte ich das Ding bis Madeira soweit (nach zwei Softwareupdates), uns die Stromverluste aber nicht die Zugewinne anzuzeigen. Mein Versuch mir seit Lissabon Hilfe bei SVB zu holen, die den Monitor mittlerweile vertreiben, blieben in soweit erfolglos, da der Mitarbeiter – der sich auskennt – im Urlaub war. So kam es wie es kommen musste : die Überfahrt von Lissabon nach Porto Santo . Nichts läd mehr richtig und die Batterien entladen sich, aber keine Ahnung um wieviel genau. Als wir in Porto Santo einliefen hatten wir noch 11.8 Volt auf den Verbraucherbatterien, also war die gesamte Situation nicht dramatisch. Aber es war Zeit zu handeln. Als der SVB Mitarbeiter aus dem Urlaub zurück war, bekam ich umgehend eine e-mail mit einem geänderten Schaltplan, mit dem Hinweis, dass die Masse von allen Ladegeräten hinter dem Shunt (Messeinheit) angeschlossen werden müssen, da dieser ansonsten die Zugewinne nicht registriert. Eigentlich logisch…besten Dank nochmals an dieser Stelle an SVB. Jetzt ist das Teil nicht nur schick, sondern tut auch was es soll.
Fazit : Fehler hätten vermieden werden können, aber letztendlich sind wir jetzt da, wo wir sein wollen. Ob – wie erwähnt – der Windgenerator überflüssig ist, wird sich auf den langen Strecken zeigen.