Die Schelde im September
Die zweite Septemberhälfte ist reserviert für eine reine Männerfreundschaft.
Das Wetter ist Mitte September einfach wunderbar. Nach Ankunft in Vlissingen erst einmal ausprobieren, ob unsere neue Anschaffung auch dahin passt, wo sie hin soll. Zwei Fahrräder für die Vorkoje, und es passt. Türen und Luke sind breit genug. Noch am Abend gehts dann damit Richtung Westkapelle. Toll, so flexibel zu sein. Am Freitagmorgen dann die Überraschung: dicker NEBEL. Nicht unbedingt toll, bei dickem Nebel auf der Schelde ohne Wind segeln zu wollen. Aber gegen Mittag kanns losgehn, mal wieder nach Westen, nur das lässt die Strömung jetzt zu. Unter Motor über die Schelde, dann Motor aus und unter Vollzeug Richtung Zeebrügge. EIn paar Meilen vor Cadzand misslingt mir eine Wende und mit Motor will ich den Bug herumdrücken. Aber sofort hört man, dass der Motor sich komisch anhört. Keine Kühlung. Ok, also weiter kreuzen und in aller Ruhe die Ursache suchen. Wassereinlassfilter ok, Wasserpumpe geöffnet, Impeller ok. Erst einmal bin ich mit meinem Latein am Ende. Da wir im Sommer noch in Cadzand waren, wusste ich, dass der Anmeldesteg direkt hinter der Hafeneinfahrt ist und längsseits anlegen möglich sein sollte. Also unter Segeln ab in den Hafen. Mit 5 Kn Wind und der Strömung war es nicht allzu schwer, in den Hafen zu gelangen und am Steg – wie mit dem Hafenmeister abgemacht – anzulegen. Mit dem Latein war ich dann noch immer am Ende, was die Motorkühlung betraf und so besorgte der Hafenmeister einen Monteur aus Breskens. Der konnte aber erst am Montagvormittag. Also wurde Karl abends vom KNRM nach deren Übung draussen vor dem Hafen an die Seite genommen und weiter nach vorne auf einen Liegeplatz bugsiert. Hier nochmals einen Dank sowohl an den tollen und hilfsbereiten Hafenmeister von Cadzand als auch an die Menschen vom KNRM.
Es gibt genug zu tun; das Wetter ist prächtig und so wird Karl endlich mal von aussen grundgereinigt. Der Coronadreck geht allerdings nur unter heftiger Behandlung von Ship Clean und Kärcher ab. Aber es hat sich gelohnt! Nach fünf Stunden sieht das Deck wieder aus wie neu. Den Rest der Zeit liegen wir beide in der Septembersonne oder ich bin in den Dünen mit dem Fahrrad unterwegs. Wunderbar und zwischendurch vergesse ich glatt das Motorproblem. Die Einkreiskühlung liegt mir im Magen. Sollten die Kühlkreisläufe verstopft sein? Silke recherchiert im Netz und jemand meint, um dies zu verhindern, spült er den Motor regelmässig mit Essig. Hab ich noch nie gemacht, aber erscheint mir durchaus sinnvoll. Aber das wäre jetzt eh zu spät. Nochmals nehme ich mir die Wasserpumpe vor, nehme den Impeller raus, baue die Pumpe aus, teste, ob die Welle sich dreht und ja, der Impeller sieht ok aus. Ist auch grad mal seit drei Monaten drin. Also verzichte ich auf den Tausch von Impeller und Ersatzwasserpumpe. Immer wieder unruhige Gedanken, dass der Motor ernsthaft defekt sein kann. Schon der Vorbesitzer hatte 2014 ein ähnliches Problem. Die Kühlkreisläufe saßen zu, weil er den Motor zu selten nutzte. Die komplette Motorüberholung kostete ihn dann knapp 4000 € . Beim Kauf des Bootes gut für uns – aber jetzt? Am Montag kam dann der Monteur, machte natürlich die Wasserpumpe auf; ich sollte einmal den Motor starten und konnte ihn auch sofort wieder ausmachen. Die Welle der Pumpe drehte sich, aber das Gummi des Impellers hatte sich vom Mitnehmer getrennt und alle Flügelchen standen still. Da wär ich nie drauf gekommen. Keine 15 Minuten später mit neuem Impeller lief alles wieder. Die Rechnung war korrekt und ich hab mal wieder was dazugelernt. Eine halbe Stunde später verlassen wir beide Cadzand, um den spärlichen Wind, immer noch nicht viel mehr als 5 KN, zu nutzen, um noch nach Zeebrügge zu segeln.
Ja, der neue Hafen des Brugse Sail- und Yachtclub ist mit den neuen Stegen und neuen Sanitäreinrichtungen nicht schlecht. Vor fünf Jahren waren wir hier und hatten uns geschworen, nicht mehr zurückzukommen. Die Umgebung ist wirklich nicht schön… Mit dem Fahrrad ist es ein klein bißchen besser. So bin ich nach Blankenberge, irgendwie finden wir die Stadt gut… Aber hier wird grad die Kaimauer am Hafen erneuert und der Hafen ist eine Baustelle. Also ging es dann am Mittwoch zurück nach Vlissingen. Bei strahlendem Sonnenschein, mit wieder satten 5 KN Wind aber fast 3 KN Strom kommt man auch ohne Motor sehr entspannt gut vorwärts.
Zurück in Vlisssingen fällt mir wieder auf, wie schön es hier ist. Auch heute, zwei Wochen später, sitz ich hier im Boot und geniesse einfach die Stadt. Jetzt ist es wirklich Herbst. Die Petroleumlampe und die Heizung sind an. Gestern zog eine Regenfront mit ordentlich Wind durch und ich bereite Karl langsam fürs Winterlager hier in Vlissingen vor. Vielleicht klappt es ja nochmal, ein Wochenende bei erträglichen Temperaturen zu segeln. Ende Oktober gehts aus dem Wasser…
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